2 wesentliche Dinge in Qigong & Tai Chi: Qi sinken lassen & sich in den Kua setzen!
Eines der ersten Dinge, die man in Qigong und Taijiquan lernen sollte, ist „wie man das Qi sinken lässt“ und wie man sich „in den Kua setzt“. In diesem Beitrag möchte ich die Bedeutung dieser beiden Anweisungen erläutern.
Häufig wird im Qigong oder Tai Chi- Unterricht der „Kua“ als Hüfte übersetzt, was jedoch etwas verwirrend sein kann. Der Kua ist ein Bereich in der Hüftregion, an dem verschiedene Muskeln und andere Gewebe, sowie das Kreuzbein und das Perineum beteiligt sind. Ich selbst bin auch schuldig, den Kua in der Vergangenheit als „Hüftbereich“ bezeichnet zu haben. In diesem Artikel möchte ich Ihnen die richtige Terminologie erklären und verdeutlichen warum dieser Begriff nicht unbedingt so vereinfacht werden sollte.
Der Kua bezieht sich nicht nur auf den unmittelbaren Bereich der Gelenke, sondern auch auf das Ende des Femurs, des Beckens und des umgebenden Gewebes. In vielen Qigong-Übungen steigen und sinken wir, normalerweise in Abstimmung mit anderen Bewegungen.
Um den Körper auf und ab zu bewegen, ist es wichtig, die Funktion des Kua zu verstehen.
Schauen wir uns zunächst unseren Schwerpunkt an. Durch die Auf-Ab-Bewegung können wir den Schwerpunkt in unserem Körper verlagern. Wenn wir uns nach oben bewegen, bewegt sich der Schwerpunkt in den Brustkorb und wir können unseren Körper ausstrecken. In dieser “offenen Position” ist es wichtig, nicht direkt die Gliedmaßen zu dehnen, sodass nur die groben Muskeln beansprucht werden. Konzentrieren Sie sich eher darauf, die Gelenke zu öffnen und gleichzeitig die Muskeln zu entspannen. Dadurch ist man in der Lage eine Dehnung in Bindegeweben und Faszien zu erreichen und somit den Körper auf einer tieferen Ebene zu “öffnen”. Wenn Sie sich erheben (nach oben bewegen), beginnt diese Bewegung an der Krone des Kopfes. Sobald eine ausreichende Dehnung in Wirbelsäule und anderen diversen Muskeln und Sehnen erreicht ist, zieht der Rest des Körpers (Becken) mit. Dies verlängert die Wirbelsäule und öffnet den Raum zwischen den einzelnen Wirbeln.
Das Sinken und Setzen in den Kua (geschlossene Position) ist etwas komplizierter.
Wenn wir uns in den Kua setzen, lassen wir zuerst unser Becken nach unten hängen und schwer werden, als ob eine Schnur mit einem Gewicht am Steißbein befestigt wäre. Ihr Kopf bleibt in derselben Position, bis die Bewegung vom Becken nach unten geführt wird. Um den Schwerpunkt zu verschieben und das Qi nach unten zu senken, müssen wir sicherstellen, dass unsere Muskeln entspannt sind und sich der Kua lösen kann. Wenn der Brustkorb zu verspannt ist wird das Qi dort “gefangen bleiben”. Deshalb ist es wichtig den ganzen Körper durch verschiedene Übungen ordentlich zu dehnen. Wenn die Muskeln zu angespannt sind, kann sich Ihr Schwerpunkt nicht in den unteren Bauch (Dan Tian) bewegen und Sie können das Qi nicht ordentlich sinken lassen. Es ist also nicht nur wichtig, die Muskeln in der unmittelbaren Umgebung des Kua zu entspannen, sondern auch in der Brust, der Hüfte und im Rest des Körpers. Ein Anfänger sollte zunächst mit einfachen oberflächlichen Dehnungsübungen anfangen um schon einmal die gröbsten Verspannungen zu lösen. Danach ist es wichtig sich Schritt für Schritt auf die tieferen Ebenen des Körpers zu konzentrieren. Später werden wir in der Lage sein eine Dehnung zu erreichen, die ihren Ursprung in der Entspannung der Muskeln hat.
An dieser Stelle möchte ich also erläutern, was es bedeutet, das Qi sinken zu lassen.
In Taijiquan oder Qigong, speziell bei den Methoden die sich sehr auf die innere Körperentwicklung fokussieren, steht “Qi” direkt in Verbindung mit den Geweben im Körper. Es löst sich aufgrund entspannter Muskeln und einer erhöhten und geöffneten Knochenstruktur nach unten. Mit anderen Worten, Ihre Knochen sind erhoben und die Gelenke geöffnet, während sich die Muskeln in Ihrem Körper nach unten bewegen. Wenn Sie nicht „Song“ sind (so wird dieser Zustand genannt), würden Sie einfach zusammenbrechen. Ihr Körper würde keine strukturelle Integrität haben. Wenn Sie Ihr Qi sinken lassen, halten Sie Ihre Knochenstruktur erhoben und Ihre Gelenke sind offen, während sich Ihr gesamtes “Weichgewebe” (also alles was nicht Knochen ist) nach unten bewegt. Qi in Bezug auf Qigong für die Körperentwicklung und innere Kampfkünste bezieht sich daher auf die Wirkung der Gewebe, die nach unten entspannt werden. Wenn Sie gelernt haben, wie man das Qi sinken kann, können sich Ihre Muskeln gut genug entspannen, sodass Ihr Schwerpunkt in den unteren Dan Tian rutscht. Wenn Ihre Muskeln nicht entspannt sind, bleibt Ihr Schwerpunkt und Ihr Qi in Ihrer Brust stecken. Dies kann zum Beispiel zu Qi-Stagnation oder anderen Problemen führen.
Dieses Prinzip hört sich zwar sehr kompliziert an, ist aber sehr einfach zu verdeutlichen. Wenn Sie sich hinstellen und ganz bewusst den Körper anspannen (besonders den Brustbereich), werden sie merken, dass die Atmung schwer fällt und sich der Körper schnell sehr unangenehm anfühlt. Sobald Sie diese Spannungen lösen, wird eine Menge des “gefangenen Qi” wieder nach unten fließen und sich im Rest des Körpers verteilen. Dieses Gefühl ist sehr befreiend und beschreibt grundlegend was passiert wenn wir unser Qi sinken lassen. Der Unterschied ist, dass wir diesen Effekt in den tieferen Ebenen unseres Körpers erreichen wollen und dadurch gleichzeitig andere Regionen beanspruchen wollen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ursprung der Bewegung. In meinem Unterricht verwende ich oft das Stichwort „von der Hüfte beugen“, weil die natürliche Reaktion eines Anfängers darin besteht, die Knie zu beugen. Obwohl theoretisch der Schwerpunkt niedriger sein wird, liegt dies nur daran, dass sich Ihr Körper näher am Boden befindet. Der Schwerpunkt liegt weiterhin in der Brust. Wir versuchen also, das Qi zu sinken und uns in den Kua zu setzen, damit das Becken nach unten hin entspannt werden kann und wir unseren Schwerpunkt in den unteren Dan Tian bringen können.
Warum sollte man den Begriff “Kua” nicht vereinfachen?
Wenn die Meisten Leute an den “Hüftbereich” denken, dann häufig an den äußeren Bereich. Wenn der Fokus allerdings in diesem Bereich der Hüfte ist, dann ergeben sich viele Spannungen, die sich bis in die Kniegelenke ziehen. Wir sind also nicht in der Lage unser Becken nach unten zu entspannen und können die Masse unseres Körpers auch nicht von unseren Beinen empfangen lassen. Unser Oberkörper wird immer wie “aufgesetzt” sein. Dies verhindert die korrekte Transformation des Körpers, die Entwicklung der Sehnenlinien und der kompletten Körperverbundenheit. Während unserer Bewegungen hilft es sich auf das Schließen und Öffnen des Kuas, also unsere Leistengegend zu konzentrieren. Also eher auf den inneren Bereich der Hüfte.
Wir versuchen immer, “song“ zu sein und wenn wir sinken, versuchen wir zu vermeiden, die Muskeln aktiv zu nutzen. Für Anfänger ist dies natürlich eine Herausforderung, da diese Muskelgruppen ständig mit alltäglichen Aktivitäten wie Gehen oder Laufen beschäftigt sind. Wenn Sie zum Beispiel an eine Kniebeuge denken, aktivieren Sie weitgehend die Rückseite Ihrer Oberschenkel und Gesäßmuskeln. Wenn wir uns in den Kua setzen, versuchen wir diese Muskeln nicht zu benutzen, weil sie die aufrechte Struktur des Körpers unterstützen. Mit anderen Worten, diese Muskeln erzeugen eine nach oben gerichtete Kraft und halten auch das Innere in einer nach oben gerichteten Position. (Qi kann nicht sinken) Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir in die untere Position “fallen” sollten. Denken Sie daran, wir brechen NIEMALS in Qigong zusammen (Knochenstruktur immer erhoben). Stattdessen versuchen wir den Körper so „song“ wie möglich zu halten. Für maximale Effizienz versuchen wir, uns mehr auf unsere interne Struktur zu verlassen, wobei der Körper als eine miteinander verbundene Einheit arbeitet. Dies umfasst die Skelettstruktur, Muskeln und Sehnen sowie alle Arten von Bindegewebe und Faszien.
Ich vermute, dass diese Theorie nicht ganz einfach zu verstehen ist. In meinen Online-Kursen oder der Akademie lernen wir dieses Prinzip auf ganz praktische Art und Weise. Durch verschiedene Übungen werden wir unsere persönlichen Erfahrungen machen und diese Theorie direkt in die Praxis umwandeln.
Um richtig zu sinken, müssen wir die “Spannung” der Muskeln mehr in Richtung der Quads und der Innenseite des Oberschenkels verlagern. Diese Muskelgruppen werden verwendet, wenn wir uns hinsetzen. Sie erzeugen eine nach unten gerichtete Kraft und stehen unserem inneren Körper nicht im Wege. Wenn die Hüftmuskeln, Gesäßmuskeln und der untere Rücken beansprucht werden, halten sie das Innere Ihres Körpers (Organe, Gewebe usw.) gefangen und erhöht. Ihr Schwerpunkt bleibt in Ihrer Brust. Wenn Sie zu den Muskelgruppen vorne und innen am Oberschenkel (Quads, Adduktoren, Psoas) wechseln, können Sie die aufrechten Stützmuskeln lösen und Ihr innerer Körper kann sinken. Alle Spannungen und Eingriffe im Oberkörper können sich lösen.
Wann immer wir uns auf den unteren Dan Tian-Bereich konzentrieren, zum Beispiel wenn wir die Handflächen nach unten drücken oder eine “Perle komprimieren” (Dies sind verschiedene Übungen aus meinem Yijin Jing Programm), wollen wir uns in den Kua setzen und den Schwerpunkt zum Dan Tian bringen. Wenn Sie Ihren Kua nicht freigeben (entspannen), ist Ihre Qigong-Übung nicht so effektiv. Die Bewegungen Ihrer Arme spiegeln wider, was energetisch im inneren Körper geschieht. Wenn Sie im Begriff sind, einen Ball zu formen oder Ihre Handflächen nach unten zu bringen, möchten Sie wahrscheinlich Ihr Qi zum unteren Dan Tian bringen und in diesem Bereich eine leichte Kompression erzeugen. Wenn Ihr Schwerpunkt in der Brust bleibt, können Sie diesen Effekt nicht erzielen. Nur wenn sich Ihr innerer Körper gleichzeitig nach unten bewegt, koordinieren Sie die äußere und innere Bewegung, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Dieses Konzept ist nicht nur wichtig, um das Qi im Körper zu kultivieren oder zu kontrollieren, sondern hängt auch mit einer starken Wurzel- und inneren Kraftentwicklung zusammen. Ich hoffe, dieser Artikel hat Ihnen geholfen, ein Verständnis des Kuas zu erlangen.
Abschließend möchte ich gerne noch erwähnen, dass ich derzeit meinen Yijin Jing Qigong Komplettkurs zu einem günstigeren Preis anbiete. Dieses Angebot bleibt solange bestehen, wie wir uns in dieser stark eingeschränkten Lebenssituation befinden. Ganz besonders in diesen Zeiten sollte jeder die Möglichkeit haben, kostengünstig etwas für seine mentale und körperliche Gesundheit zu tun. In diesem Programm, das aus über 60 Video-Lektionen und über 18 Stunden Inhalt besteht, leite ich euch durch den Lernprozess Schritt für Schritt. Wir beginnen zunächst mit dem Basiswissen und werden dann mit einem guten Fundament zu den fortgeschritteneren Übungen übergehen. Für mehr Informationen stehe ich natürlich gerne zur Verfügung. Unten finden Sie den Link zu der Beschreibung des Kurses. Alles Gute und bleibt gesund!